Themenwoche Digitale Schule vom 05. - 09.10.2020
Ein Rück- und Ausblick

Hybrid … das klingt nach „sowohl als auch“, das klingt nach analog und digital im Wechsel. Aber macht diese Trennung überhaupt noch Sinn? Durchwebt die Digitalisierung nicht bereits all unsere Lebensbereiche und wird als solche oft gar nicht mehr wahrgenommen. In der ersten Themenwoche in der Geschichte der LEARNTEC trafen sich Expert*innen aus dem Themenfeld Schule in Studios in Düsseldorf, Mainz und Karlsruhe, ein Webinar wurde aus Denkendorf gestreamt und die Gastgeber des Salon21, der erstmalig im Rahmen der LEARNTEC 2021 stattfinden wird, schalteten sich aus Berlin, Wien, Mainz und dem Ruhrgebiet virtuell zusammen, um ihre Ideen mit den Zuschauern zu teilen. Etwa 420 Interessierte waren dabei, um den Diskussionen und Präsentationen zu folgen und sich mit ihren Fragen und Anregungen einzubringen.
Die Leitmesse für digitale Bildung vollzieht einen logischen Schritt, und das nicht nur Corona geschuldet: Von der webbasierten Besucherwerbung für eine analoge Veranstaltung zu einer webbasierten Besucherbeteiligung – analog und digital.
Diskussionsrunde Schulische Normalität – Hoffnung auf Veränderung oder Konstanz?
Aus ganz unterschiedliche Perspektiven wurde bei der zentralen Diskussionsrunde am Donnerstag im Studio der LEARNTEC in Karlsruhe auf das Thema Digitalisierung und Schule geschaut. Die zentrale Frage dabei: Schulische Normalität – Hoffnung auf Veränderung oder Konstanz?
Micha Pallesche, Schulleiter der Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe, wünscht sich, dass aus den Erfahrungen, die in der Corona-Zeit gemacht wurden, eine neue Lernkultur entwickelt, die die Möglichkeiten des Lernens aus der Ferne und in der Präsenz auslotet. Normalität bedeutet für Jörg Schumacher, Leiter des Stadtmedienzentrum (SMZ) Karlsruhe aktuell, die Schulen in Karlsruhe technisch zu unterstützen, gemeinsam mit ihnen Bedarfe zu ermitteln und bei der Medienentwicklungsplanung zu beraten. Grundsätzlich versteht er das SMZ als „Ideen-Factory“ und Fortbildungseinrichtung.
„Corona hat nichts Gutes, aber es hat wie ein Brennglas die Mängel des bestehenden Systems aufgezeigt.“ Christian Büttner, Vorsitzender des Bündnis für Bildung (BfB) sieht die Rolle des BfB als wichtigster Verband für digitale Bildung darin, Lösungen im Dialog mit den unterschiedlichsten Akteuren des Systems Schule auf Augenhöhe zu diskutieren. ‚Einfach machen‘, um Lösungen zu finden und gemeinsam Erfahrungen sammeln sind dabei der erste wichtige Schritt auf dem Weg zu einer neuen Normalität, auch nach Corona.
Kritisch hinterfragt wurde der Begriff „Normalität“ von Christoph Schaub vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg und Christian Büttner, dem Vorsitzenden des Bündnis für Bildung. Corona hat von einem Tag auf den anderen die allgemein gültigen „Spielregeln“ außer Kraft gesetzt. Alle Lehrer*innen, so Christoph Schaub, standen völlig unvorbereitet vor zwei immensen Herausforderungen, zum Einen als „Bürger*in“ das Privatleben unter Corona-Bedingungen neu zu sortieren, zum anderen eine berufliche Veränderung, die alles aus den Fugen gehoben hat, was wir bisher als sicher geglaubt haben. In diesem Kontext sind die „Corona-Fernlern-Bedürfnisse“ völlig unabhängig von einem organisierten Prozess der schrittweisen Digitalisierung von Schule zu betrachten. Eine Lernkultur zu verändern ist nichts, was sich innerhalb von zwei Tagen, zwischen Lockdown am Freitag und Fernunterricht am Montag realisieren lässt. Und Unterricht ohne Schule als zentralen Ort der Begegnung war
niemals Gegenstand der Diskussion über die schrittweise Digitalisierung von Schule. Von daher lassen sich aus der Bewältigung der Herausforderung Lockdown nur bedingt Rückschlüsse hinsichtlich der Transformation von Schule für das Lehren und Lernen in der Digitalität ziehen. Einig waren sich alle Diskutanten allerdings darin, dass die Erfahrungen der letzten Monate den strukturierten und organisierten Prozess der weiteren Digitalisierung der Schulen befruchten werden.
„Technik macht noch keinen anderen Unterricht.“ So Micha Pallesche zum Schluss der Diskussion. Er wünsche sich, gemeinsam über Schulen, über Lernen und Räume anders zu denken.
„Digitalisierung und Pandemie bringen eine Dynamik, das ganze System ist in Bewegung,“ so Jörg Schumacher, „ich sehe das positiv.“ Fertige Lösungen wird es nicht geben, aber das Netzwerk der Medienzentren wird den Prozess befruchten und unterstützen, unter anderem mit dem Medienkompetenztag auf der LEARNTEC.
Das Credo von Christian Büttner zum Ende war: Einfach machen. Keiner kann es allein. Es ist die gemeinsame Verpflichtung von Bund, Ländern und Kommunen, es hinzubekommen. Und für Christoph Schaub wäre die LEARNTEC ein guter Zeitpunkt, die Chance zu nutzen, mit den Besucher*innen und Lehrer*innen Erfahrungen zu sammeln und zu reflektieren.
Der Salon21 lädt ein! Transformation und Redefinition von Schule, Future Skills und Kompetenzen für das 21.Jahrhundet ...
Mit dem SALON21 wird es im Forum school@LEARNTEC zum ersten Mal hybrid. Ziel ist es, Teilnehmer vor Ort in Karlsruhe und online in analog-digital-verzahnten Formaten zu vernetzen. Über die Transformation und Redefinition von Schule soll nicht nur geredet, sie soll erlebt werden.
Transformation und Redefinition von Schule, Future Skills und Kompetenzen für das 21.Jahrhundert … unter diesem Motto haben die Gastgeber*innen am Freitag der Themenwoche einen ersten Einblick in die Vorbereitungen gegeben: Beth Havinga (Bündnis für Bildung), Anne Dederer (REDNET AG), Tobias Haertel (TU Dortmund) und Stephan Waba (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Österreich). In der Zoom-Videokonferenz ging es um zweierlei: Transparent zu zeigen, wie das Programm des SALON21 entsteht und einzuladen, sich bereits Monate und Wochen vor der LEARNTEC an der Diskussion und Programmgestaltung zu beteiligen.
Beth Havinga engagiert sich stark in internationalen Projekten und beobachtet, wie andere europäische Länder durch die Pandemie kommen und wie sie in Sachen Digitalisierung von Schule ticken. Eine erste Erkenntnis: Die Diskussionen drehen sich zunehmend weniger um ITInfrastruktur, sondern mehr um kompetenzorientiertes Lernen, Lernräume oder die Reflektion bisheriger Vorstellungen von Bildung. Im SALON21 können die Besucher an diesen Erfahrungen partizipieren. Virtuelle Exkursionen in andere Länder sind geplant, vielleicht auch nach Finnland, wo die Schulen zu Beginn der Pandemie zwei Wochen den Unterricht ausgesetzt haben, um Lehrer*innen die Möglichkeit zu geben sich auf Fernunterricht vorzubereiten, … oder Schweden, wo die Schulen nicht geschlossen wurden.
In Österreich wurden, wie in Deutschland, quasi über Nacht die Schulen geschlossen. Stephan Waba sieht vor allem im Wegfall der ‚analogen’ Kommunikation in der Schule ein wesentliches Problem, die digital nur Schritt für Schritt adäquat ersetzt werden kann. Die Erfahrungen, die allerdings im Laufe der Corona-Zeit gemacht werden, erweitern auch das Repertoire zukünftigen Unterrichtens. Das ‚Herzensthema‘ von Stephan ist die Redefinition von Lernsettings, die ohne Digitalisierung nicht möglich wären – das Erschliessen didaktischer Potentiale digitaler Medien.
Im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit in Sachen DigitalPakt ‚ermahnt‘ Anne Dederer ihre Schule, nicht einfach nur ein Antrags-Dokument zur Beantragung von Fördergeldern zu erstellen, sondern sich genau zu überlegen, wie Digitalisierung den Unterricht verändern kann und dabei alle
Kolleg*innen im Blick zu haben und niederschwellige Zugänge zu organisieren. Ihr geht es um den Gesamtzusammenhang. Zu wissen was der DigitalPakt an Ausstattung ermöglicht ist dabei genauso wichtig, wie ein Blick in die Landeshaushaltsordnung oder die Berücksichtigung anstehender Baumaßnahmen. Ihr Angebot für die Teilnehmer*innen des SALON21: Beratung im individuellen Austausch.
Für Tobias Haertel ist die Frage nicht, ob wir die zunehmende Digitalisierung der Bildung wollen oder nicht, zum Beispiel Künstliche Intelligenz (KI), sondern wie wir Schüler*innen fit machen für eine Welt in der sie von KI umgeben sein werden. Sich mit Freude auf Neues und Unsicherheit einzulassen, sich selbst mit anderen agil zu organisieren und sich Future Skills anzueignen, ist ihm ein ‚Herzensthema‘ und Digital Ethics ein weiteres … auch dazu mehr im SALON21.
Crashkurs Digitalpakt
Die REDNET AG, Kooperationspartner der LEARNTEC hatte eigens für die Themenwoche Schule ein Studio eingerichtet. Wie sieht die Beantragung von Mitteln aus dem Digitalpakt Schule bei mehreren Schulen eines Trägers aus, wenn es ein gemeinsames Budget gibt? Wie sieht es aus, wenn perspektivisch ein Umbau geplant ist? Hat Corona das Stimmungsbild zur Digitalisierung in den Lehrerzimmern geändert? Wie geht man pädagogisch sinnvoll mit digitalen Endgeräten um und wie können Betrieb und Support sichergestellt werden? REDNET Expertin Anne Dederer beantwortete im Crashkurs Digitalpakt am Mittwoch diese und viele andere Fragen. Mehr als 120 Zuschauer konnten sich in dem 90-minütigen Webinar umfassend zu den diversen Themen rund um den Digitalpakt informieren.
Hygienekonzepte und Hybridunterricht – Schulen am Limit
Hygiene ist kein neues Thema, in Zeiten von Corona allerdings ein hoch brisantes, daher startete die Themenwoche Schule mit einer Diskussionsrunde zu Hygienekonzepte und Hybridunterricht – Schulen am Limit in den Räumen der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf. „Wir fänden es schön, auch ein Fach Gesundheit in die Schulen hineinzubringen, … Gesundheitserziehung, Hygienebewusstsein. Wir merken ja jetzt, wie wichtig es ist, dass jeder gewisse Basics hat,“ so Dr. Ute Teichert, Direktorin der Akademie. Diese Basics zu vermitteln, das geht nur in Kooperation und dafür plädierten auch Dr. Jürgen Gebel von der Initiative Hygiene-Tipps für Kids, der umfangreiche Unterstützungsangebote für Schulen vorstellte und Frank Kleinert von Hohenloher Spezialmöbel, der die neu entwickelte Hygienestation hyggi vorstellte.
Bionic – Interesse wecken für Coding und Robotik
Interesse wecken für Coding und Robotik hatte sich am Dienstag Dr. Pitschellis von FESTO Didactic zum Ziel gesetzt. Woher stammt die Idee des Klettverschlusses? Und wie lassen sich anhand eines bionischen Fisches technische Themen in der Schule behandeln. Das gezeigte Beispiel stammt aus dem Bionics4Education-Baukasten FESTO Didactic. Der für die BionicModelle eingesetzte Arudino kompatible Minicontroller lässt sich frei programmieren. Anleitungen dafür gibt es auf GitHub und seit Kurzem auch, dank einer Kooperation lassen sich auch mit OpenRoberta eigene Programme in Scratch erstellen.