22.11.2018

Digitalisierung in Lehre und Studium, Forschung und Verwaltung

Prof. phil- habil. Dr.-Ing. Gabriele Graube lehrt und forscht am Institut für Erziehungswissenschaft an der TU Braunschweig. Ihre Gedanken zu Digitalisierung und (Hochschul-)Lehre skizziert sie im Gastbeitrag für den Blog university@LEARNTEC.

Dass Hochschule durch die Digitalisierung verändert wird, – das ist schon seit längerer Zeit ein Thema. Die Frage ist allerdings: Über was diskutiert man hier eigentlich? Ich glaube, man muss sehr viel deutlicher unterscheiden. Beginnen wir mit der Lehre: Zum einen ist da die technische Infrastruktur und die dazugehörige Service- und Supportstruktur. Ich glaube, wenn man diese Strukturen entsprechend der Anforderungen von Lehre schafft und verlässlich vorhält, dann haben wir die Grundlage, dass sich Hochschullehre verändern kann. Zum anderen brauchen die Lehrenden didaktische Fähigkeiten. Hier geht es einerseits um didaktische Entscheidungen für den Einsatz von Lehr- und Lernmedien und natürlich um technisches Grundwissen für diese Art Medien. Der Digitalisierungsgrad wird zweifelsohne zunehmen.

Lernen ist für mich jedoch vor allem ein sozialer Prozess, d.h. das soziale Miteinander, also die Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden, sollten das Primat behalten. Andererseits kann und sollte man Digitalisierung auch als Gegenstand und Inhalt von Lehre betrachten. Dabei ist Digitalisierung auf keinen Fall nur ein Thema der Ingenieurwissenschaften, sondern muss insbesondere auch ein Thema der Geisteswissenschaften werden. Dem mehr Bedeutung beizumessen heißt, Nichttechnik-Studierenden zu ermöglichen, die Veränderungsprozesse in der gesamten Gesellschaft – die sog. digitale Transformation – verstehen, reflektieren und einordnen zu können.

SAMR-Modell
Das SAMR-Modell zur Integration von Lerntechnologien.

Gute Lehre hängt also von vielen Faktoren ab. Es geht darum, welche Inhalte zu vermitteln sind, welche Ziele verfolgt werden und welche Methoden eingesetzt werden, wer der Lehrende ist, wie sich die Lernenden einbringen und vieles andere mehr. Sicher, digitale Medien können das Lehren und Lernen verändern. Wir haben ja beispielsweise das SAMR-Modell, was uns Hinweise zu veränderten Sichtweisen gibt. Aber man sollte digitale Lehr-Lern-Medien in diesem Gesamtgefüge auch nicht überbewerten. Das Ziel digitaler Bildung muss es sein, den Einzelnen, egal ob SchülerIn oder Studierender, zu befähigen, die Frage zu beantworten: Welchen Platz habe ich eigentlich in dieser digitalisierten Welt?

Die Idee „Lehre als Inszenierung von Komplexität“ könnte da ein sehr interessanter Ansatz sein. Das Wichtigste dabei ist, junge Menschen zum kritischen Denken zu bewegen und Gegebenes zu hinterfragen, eigene Gedanken zu entwickeln und nicht dabei stehen zu bleiben, Bekanntes zu wiederholen. All das lässt sich in der didaktischen Grundstruktur von Entdecken, Erfinden und Enttarnen zusammenführen, wie Kersten Reich das so treffend formuliert hat.

Digitalisierung
Digitalisierung in Lehre und Studium, Forschung und Verwaltung.

Ich glaube, digitale Lehr-Lern-Medien sind immer dann von besonderem Wert, wenn Lernende etwas Neues machen und schöpferisch tätig sein können, wenn sie eigene Gedanken verwirklichen und sich dabei mit digitaler Technologie auseinandersetzen können und wenn sie Gelegenheit haben, ihr eigenes Tun in der Welt und ihr Verhältnis zur Digitalität auch reflektieren zu können.

Ich biete z.B. für Studierende der Erziehungswissenschaft kleine Kurse an, in denen sie lernen, mit CAD Gegenstände zu designen oder Roboter zu programmieren. Hier wird Digitalisierung dann zum Inhalt von Lehre, zum Raum eigener Entwicklung und realisiert sich dabei unter Nutzung digitaler Lehr-Lern-Medien. Und das unterscheidet sich grundsätzlich beispielsweise von der Nutzung interaktiver Whiteboards zur Präsentation.

Autor: Jürgen Luga, Redaktionsbüro Education Mediengesellschaft mbH